17. ESE-Tagung Hamburg 2025


Zu sehen ist das Logo der ESE-Tagung 2025 in Hamburg. Dargestellt ist symbolisch ein Segelboot, umgeben von hohen Wogen.

Copyright: UHH/PBB

26.06. – 28.06.2025

Solidarität und Potenzialentfaltung

Willkommen auf der Seite der 17. ESE-Tagung vom 26.06. – 28.06.2025 an der Universität Hamburg unter dem Motto „Solidarität und Potenzialentfaltung“.

Die 17. Konferenz der Dozierenden im Förderschwerpunkt Emotional-soziale Entwicklung (ESE-Tagung) findet vom 26. bis 28. Juni 2025 an der Universität Hamburg (UHH) statt. Thematisch liegt ein Schwerpunkt auf Solidarität und Potenzialentfaltung – zwei aktuell häufig beschworenen Konzepten, die im Widerspruch zueinander stehen oder sich gegenseitig ergänzen und Synergien entfalten können.

Weiteren potenziellen Synergien soll in diesem Jahr Raum gegeben werden: Herzlich laden wir auch Kolleg:innen aus Lehre und Forschung im sonderpädagogischen Schwerpunkt Lernen ein. Wir sind gespannt auf den Austausch!

Die Tagung findet an der Universität Hamburg in Seminarräumen der Sedanstraße 19 und einem Hörsaal in der Bundesstraße 45 statt.
Sie beginnt am 26. Juni um 13.00 Uhr und endet am 28. Juni um 13.30 Uhr.
Organisiert wird die Tagung vom Team Lernen/Emotional-soziale Entwicklung am
Arbeitsbereich Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung.
Bei Rückfragen melden Sie sich gerne bei Prof. Dr. Christine Schmalenbach oder Ulrike Niesytto-Cailliet.

Fakultät für Erziehungswissenschaft/ EW2
Arbeitsbereich Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung
Sedanstr. 19
20146 Hamburg

Es empfiehlt sich, Hotels in Hamburg frühzeitig zu buchen. Für Informationen zu Hotels wenden Sie sich gerne an Ulrike Niesytto-Cailliet .

Call for Papers

Im Zentrum der ESE-Tagung 2025 steht die Auseinandersetzung mit zwei aktuell in der Gesellschaft häufig verwendeten und durchaus umstrittenen Begriffen. In der Zusammenschau aus unterschiedlichen Perspektiven erhoffen wir uns Impulse für die weitere Entwicklung der beiden sonderpädagogischen Schwerpunkte Emotional-soziale Entwicklung und Lernen an Hochschulen im deutschsprachigen Raum.

In Momenten wahrgenommener Krisen wird häufig die Notwendigkeit zur Solidarität ausgerufen ohne dass immer geklärt wäre, was damit gemeint ist (Mayer et al., 2024). Unterschiedliche Verständnisse gehen teils fließend ineinander über. Solidarität kann unter anderem Kooperation zum Erreichen gemeinsamer Ziele implizieren oder den altruistischen Einsatz für benachteiligte Menschen (Voland, 2019), beispielsweise für „die Rechtsansprüche von politisch Schwächergestellten” (Drotbohm, 2023, S. 318) und für „die Beseitigung bestehenden oder potenziellen Leides” (Jergus, 2024, S. 103). Beide Verständnisse bergen Ambivalenzen und Gefahren: Im ersten Fall kann es zu Exklusionseffekten kommen, wenn Personen aus der Solidargemeinschaft ausgeschlossen werden. Im zweiten Fall kann es zu Paternalismus und Machtasymmetrien kommen, die zur Viktimisierung der Hilfeempfänger:innen beitragen (Drotbohm, 2023). Das Bewusstsein der geteilten Vulnerabilität, der gegenseitigen Abhängigkeit und des Bedürfnisses nach gegenseitiger Anerkennung aller Menschen, kann das Zusammengehörigkeitsgefühl und einen solidarischen Umgang miteinander stärken, unabhängig davon, welche sonstigen Erfahrungen geteilt werden und davon, ob es sich um reziproke oder asymmetrische Beziehungen handelt (Weiß, 2024).

Wie kann jedoch Solidarität in pädagogischen Kontexten aussehen? Inwieweit können überhaupt pädagogische Beziehungen solidarische Beziehungen sein? Andererseits: Kann Pädagogik ohne Solidarität überhaupt ihren Aufgaben gerecht werden? Wie kann Solidarität mit Menschen aussehen, die wir nicht nur als vulnerabel, sondern auch vulnerant wahrnehmen (Müller, 2024)? Und wie kann Solidarität in der Forschung zu und mit Kindern und Jugendlichen in herausfordernden Lebenslagen aussehen?

Nach Klafki (2007) sind die Ziele einer emanzipatorischen Bildung Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität, alle anderen Ziele tragen letztendlich zu diesen bei. Auch im Hamburgischen Schulgesetz (§ 2 Abs. 1 HmbSG) spielt Solidarität als Bildungs- und Erziehungsauftrag eine relevante Rolle. Solidarität soll also gelernt werden – aber wie? Es deuten sich Bezüge zu kooperativen Fähigkeiten an. Wie kann jedoch die Schule als „die pädagogische Zentralinstanz der bürgerlichen Gesellschaft” (Pfützner, 2021, S. 168) in der die Erfahrungen der Schüler:innen häufig von Vereinzelung und Konkurrenz geprägt sind ein Ort sein/werden, an dem Solidarität im Sinne von Kooperation und Widerstand gegen Ungerechtigkeit und Ausgrenzung umgesetzt und gelernt wird?

Auch der zweite Schlüsselbegriff des Tagungsthemas, Potenzial, ist ein vielfältig verwendeter und gleichzeitig umstrittener Begriff in den Bildungswissenschaften, mit seiner „ideologische[n] Elastizität“ (Horvath, 2024, S. 766) in einem „interdiskursiven Geflecht zwischen Pädagogik, Politik und Ökonomie” (Heßdörfer, 2024, S. 742).

So kann seine Verwendung einerseits im Konflikt mit einer Haltung der Solidarität stehen, wenn beispielsweise die Entfaltung von Potenzial als Gegenstück zur Veränderung von gesellschaftlichen Verhältnissen gesehen wird (Heßdörfer, 2024) oder wenn die Verantwortung für ein gelingendes Leben allein dem Individuum zugeschoben wird, während seine Potenziale als „ausschlaggebende Ressourcen der Gemeinschaft“ (Heßdörfer & Horvath, 2024, S. 739) gesehen werden.

Andererseits kann eine Auseinandersetzung mit Potenzialen und ihrer Entfaltung auch gerade ein Ausdruck von Solidarität sein, wenn sie beispielsweise dazu beiträgt, „unentdeckte Kompetenzen“ (Holtmann et al., 2018, S. 2) sichtbar zu machen und ihnen im Bildungs- und Arbeitskontext Raum zu schaffen und sie damit anzuerkennen. Damit weist die Perspektive der Potenzialorientierung in den sonderpädagogischen Schwerpunkten ESE und Lernen Bezüge zum Ansatz der Hidden Talents (Ellis et al., 2022) als Gegenpol zur Defizitorientierung auf.

Wie kann Potenzialentfaltung in den Schwerpunkten ESE und Lernen so verstanden werden, dass sie mit Solidarität nicht nur vereinbar ist, sondern vielleicht sogar aus ihr erwächst? Wie kann die Pädagogik in den Schwerpunkten ESE und Lernen dazu beitragen, dass Lernende ihr grundlegendes menschliches Potenzial im Sinne des humanistischen Menschenbilds (Mutzeck, 2008) ausleben können? Wie können Lernende beispielsweise darin unterstützt werden, ihre „Fähigkeiten des Denkens, einschließlich des Entscheidens und Wollens, des Fühlens, des Sprechens und des Handelns” (Mutzeck, 2008, S. 49) zu entfalten? Wie eröffnen sich ihnen zunehmend Möglichkeiten, aktiv zu sich selbst und zu ihrer Umwelt in Beziehung zu treten?
Wie können vorhandene Strategien und Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen in herausfordernden Lebenslagen anerkannt und einbezogen werden, auch wenn sie auf den ersten Blick im schulischen Kontext als Defizite wahrgenommen werden?

Eine in diesem Sinne potenzialorientierte Perspektive, welche einen engen Zusammenhang mit der Solidarität aufweist, beschreibt Freire (1998): 

One of the most important tasks of critical educational practice is to make possible the conditions with which the learners, in their interaction with one another and with their teachers, engage in the experience of assuming themselves as social, historical, thinking, communicating, transformative, creative persons; dreamers of possible utopias, capable of being angry because of a capacity to love. (S. 45)

Auf der ESE-Tagung 2025 in Hamburg wollen wir uns mit beiden Konzepten, der Solidarität und der Potenzialentfaltung, ihren Bezügen und ihrer Bedeutung für unsere Arbeit in Forschung und Lehre auseinandersetzen.

Neben zwei Keynotes, einer Podiumsdiskussion, Sozialraumerkundungen und vielen Gelegenheiten zum Austausch, wollen wir auch aktuelle Projekte und Ansätze der Teilnehmenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kennenlernen.

Dafür sind mehrere Formate vorgesehen:

Paper-Präsentation: In etwa 20 Minuten wird ein geplantes, laufendes oder abgeschlossenes Forschungsprojekt vorgestellt mit anschließender Zeit für Fragen und eine kurze Diskussion.

Symposium: Im Rahmen von 90 Minuten werden 3–4 Beiträge vorgestellt und diskutiert, die in einem thematischen Zusammenhang stehen.

Workshop/Diskussionsforum: Im Rahmen von 90 Minuten können neue Ansätze, Materialien oder Ideen vorgestellt, handelnd erlebt und diskutiert werden.

Posterpräsentation: In einem festen Slot von einer halben Stunde werden Poster präsentiert. Ein Posterpreis wird vergeben.

Bitte reichen Sie bis zum 1.4.2024 ein Abstract von 150 bis 200 Worten über die Plattform Indico ein: https://www.conferences.uni-hamburg.de/e/ese2025 Wir melden uns bis Ende April zur Annahme Ihres Beitrags.

Über das Konferenzthema hinaus sind wir offen für Beiträge zu anderen Themen, die aktuell in der Fachcommunity bearbeitet werden. Sollten mehr Abstracts eingereicht werden als angenommen werden können, erhalten solche mit einem klaren Bezug zum Thema allerdings Vorrang.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!

Prof. Dr. Christine Schmalenbach für das Team Lernen/ Emotional-soziale Entwicklung

Universität Hamburg

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Programm

Ein detailliertes Programm folgt im Frühjahr. So viel sei vorweggenommen: Wir freuen uns auf Keynotes von Dr. Linda Liebenberg (Dalhousie University, Canada) und Prof. Dr. Thomas Müller (Universität Würzburg), Sozialraumerkundungen in verschiedenen Hamburger Stadtteilen, Paper-Sessions, Symposien, Workshops, Diskussionsrunden, eine Poster-Session, ein Podiumsgespräch und Raum für Austausch.

Organisationsteam: Citka Ashouri Pour Moghaddam, Nils Oliver Fehrmann, Agnes Filipiak, Pawel Mehring, Maxim Mettlau, Ulrike Niesytto-Cailliet, Prof. Dr. Christine Schmalenbach, Niklas-Max Thönneßen, Dr. Uta Wagner